Meine Erfahrungen beim Fingerhandschuhe-von-oben-Stricken

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bp0502
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Meine Erfahrungen beim Fingerhandschuhe-von-oben-Stricken

Beitrag von bp0502 »

Hallo,

Ich poste das extra hier, damit es alle sehen. Und weil ich letztens hier gemeckert habe.

Fingerhandschuhe lassen sich am allerallerbesten von oben stricken, habe ich festgestellt. Was spricht dafür? Es ist witzig. Man bastelt erst die einzelnen Finger und dann den Rest. Das einzig Fizzelige ist der Anschlag so weniger Maschen und dann das Aufnehmen der restlichen Maschen. Es ist optimal für alle, die die aufwendigeren Dinge lieber gleich erledigen.

Das erste Paar (nach der Methode im 'Workshop') hat leider nicht so ganz hingehauen, aber dank leichter Modifizierungen in der Ausführung habe ich jetzt ein zweites, SUPER passendes anderes Paar fertig. Und werde das erste Paar noch verändern.

Meine Fotos lade ich übrigens nach und nach hier hoch, wer schauen möchte, kann das gerne tun.

Das Prinzip:
Man strickt alle Finger zuerst und kann automatisch so prima die Gesamtzahl der Maschen ermitteln. Ich hatte vorher vielleicht zwei oder dreimal Fingerhandschuhe gestrickt und mir immer den Kopf über die Einteilung der Maschen und der Stegmaschen zerbrochen. Das entfällt bei dieser Methode, weil sich das bei dem System automatisch ergibt.
Dafür habe ich aus dem Netz und zwei Büchern gelernt.
Einmal bei Meg Swansen / Hand knitting with Meg Swansen
und dann aus dem 'genialen Handschuh-Workshop' von Ewa Jostes.

Vorbereitende Maßnahmen:
- Ausmessen der Hand. Vergleich mit einer entsprechenden Handschuhtabelle. Hier bei der Handarbeitsfrau kann man sich die Tabelle für vierfädige Sockenwolle runterladen.
Man misst den Handumfang an der stärksten Stelle. Handlänge ist das Maß von der Spitze des längsten (i. d. R. des Mittel-)Fingers und dem Ansatz des Handgelenks.

- So, und jetzt empfiehlt sich aber auch noch dringend, die Konturen der zu bestrickenden Hand, leicht gespreizt, auf ein Blatt Papier aufzuzeichen.
Interessant sind jetzt folgende Angaben, und die lassen sich ganz gut auf dieser Zeichnung abmessen:
1. Zeichnet man eine Linie zwischen den beiden Fingeransätzen von Zeige- bis Mittelfinger, sieht man, dass der Ansatz des kleinen Fingers i. d. R. nicht auf dieser Linie sitzt.
Das heißt also, dass diese drei erstgenannten Finger zuerst verbunden werden und der kleine Finger erst einige Reihen später. Also, einfach mal abmessen und ausrechnen, wieviel Reihen das laut Maschenprobe (die Ihr hoffentlich gemacht habt) ergibt. In der Zeichnung notieren.
2. Abstand der Linie der drei Fingeransätze zum Daumenansatz. Kann man auch ganz gut erkennen, es handelt sich um die obere Biegung der Kurve beim Daumenansatz. Reihenzahl ebenfalls ermitteln und notieren.
3. Abstand vom Daumenansatz zum Ansatz des Handgelenks. Reihenzahl ebenfalls ermitteln und notieren.
4. Umfang des Handgelenks. Maschenzahl notieren.
Auf diese Weise kriegt man schon mal ein ungefähres Schema des zu strickenden Handschuhs.

Mit den Angaben bei den Anleitungen vergleichen. (Bei mir war das ziemlich fehlerbehaftet..)
Notieren, wie man den ersten Handschuh gestrickt hat und zweiten analog arbeiten. Oder gleichzeitig.

Und jetzt geht's los. Ich habe mit vierfädiger Sockenwolle gestrickt, immer schön im Kreis rum, mit diversen Nadelspielen und längeren Rundstricknadeln (Stichwort 'magic loop').
Und mich an o. g. Tabelle und an den vielen Tabellen im Buch von Frau Jostes orientiert. Da meine Hände aber keine Normmaße aufweisen, habe ich mir eine eigene E.cel-Tabelle gebastelt, in die ich die entsprechenden Angaben eingetragen habe.

Ich verrate hier keine Geheimnisse, wenn ich erzähle, dass man für die Finger wenige Maschen anschlägt und durch regelmäßige Zunahmen zur gewünschten Maschenzahl kommt.
Ein bebildertes Tutorial gibt es hierzu, wie gesagt, bei nonaknits. Oder man legt sich den Workshop von Frau Jostes zu. Oder denkt sich seinen Teil und legt los.

Maschenanzahl: Man strickt zuerst alle Finger, auch den Daumen, und zwar von oben bis genau in die Kuhle zwischen den Fingern. Am besten mit einem der mitteldicken Finger anfangen, dann sieht man gleich, ob die Maschenzahl hinhaut oder ob man noch was zugeben oder abziehen muss. Reihenzahl jeweils notieren! (Ich gehe hier immer davon aus, dass die beiden Hände gleichgroß sind ;-))

Fertig mit den ersten drei Fingern? Das Buch von Frau Jostes geht an dieser Stelle genau darauf ein, wie die einzelnen Finger aufgereiht werden. Mit ein wenig logischem Denkvermögen müsste man da aber auch selber drauf kommen. ;-) Sie empfiehlt auch, an welcher Stelle man das Fadenende hängen lassen soll. Allerdings sollte das Fadenende des Mittelfingers im Gegensatz zu ihren Angaben zum KLEINEN Finger zeigen, ansonsten muss man neu ansetzen. Es wird ja mit diesem Faden weitergestrickt.
Jetzt werden die drei Finger aneinandergestrickt. Gesamtmaschenzahl aufschreiben. Und den Rundenanfang bzw. die Stelle markieren, an der der kleine Finger angesetzt wird.

Den wirklich genialen Trick hat Frau Jostes übrigens mit den Tipps auf Lager, wie mit den Stegen zwischen den Fingern zu verfahren ist.
Mehrere Runden stricken. Nicht vergessen, nach den Stegabnahmen die Gesamtmaschenzahl minus diese Stegabnahmen aufzuschreiben. Die drei Finger anprobieren.

Anschluss kleiner Finger: Gemäß der anatomischen Zeichnung mehrere Reihen stricken, bei mir waren das individuellerweise 5 Reihen, abweichend von den empfohlenen Angaben.
Wie gesagt, es lohnt sich, den Abstand genau zu untersuchen, sonst passt der Handschuh nämlich nachher nicht optimal. :-(
Ist man in der Kuhle des kleinen Fingers gelandet, kleinen Finger anschließen. Auf die gleiche Weise wie bei den anderen Fingern Stegabnahmen vorsehen. Vorher und nachher Maschenzahl notieren. Die Gesamtmaschenzahl hat sich auf diese Weise automatisch ergeben.
Passt der Handschuh bis jetzt?

Ich markiere übrigens alles mit Sicherheitsnadeln. So auch den Ansatz der ersten drei Finger und den Rundenbeginn.
Weiterstricken, die Reihenzahl steht auf der Zeichnung. Abstand Finger-Daumenansatz.

Daumenausbildung: Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten, Frau Jostes stellt einige davon in ihrem Buch vor. Ich habe die Version 'Basic-Daumen' gestrickt, auf die ich aus copyrightrechtlichen Gründen nicht näher eingehen werde. Allerdings finden sich die Angaben zu den abzunehmenden Stegmaschen nicht auf der angegebenen Seite, sondern bei der Tabelle für den Basic-Daumen. Ratet mal, warum ich das hier erwähne..

Die Methode finde ich nicht schlecht, allerdings habe ich vorher noch eine Masche oberhalb des Daumens Richtung Zeigefinger zugenommen. Meine Hand verbreitert sich nämlich an dieser Stelle und die Passform ist so besser.

Den Daumen eingesetzt, Stegmaschen habe ich später per Maschenstich verbunden. Maschenzahl notieren. Und jetzt habe ich (beim zweiten Versuch) eine Veränderung gegenüber der Angaben im 'Workshop' vorgenommen: Vom Daumenansatz bis zum Handgelenk muss jetzt abgenommen werden. Ihr habt die Reihenzahl (Daumenansatz bis zum Handgelenk) notiert, sowie die Maschenzahl für den Umfang des Handgelenks. Ausrechnen, wieviele Abnahmen man in welchem Reihenabstand benötigt. (Im Gegensatz zu den Angaben im Workshop waren das bei mir Abstände von jeweils drei Reihen..)

Ebenfalls verändert (gegenüber der Angaben im 'Workshop') habe ich diese Abnahmen in gerader Linie unter dem Mittelfinger vorgenommen. Sieht an meiner Hand einfach besser aus. So, die Daumenkonstruktion war reichlich vage umschrieben, Ihr seid jetzt mit meinen letzteren Ausführungen eher nicht zufrieden, oder? Aber gucken kostet ja nix..

Am Handgelenksansatz angekommen? Jetzt könnt Ihr das Bündchen Eurer Wahl stricken, so lange Ihr wollt und im Muster Eurer Wahl. Zum Thema elastisches Abketten bzw. dekorative Abschlüsse finden sich wieder einige Tipps im 'Workshop' - oder auch in Frau Epsteins Büchern. Oder vielleicht fällt Euch auch selber was dazu ein.

Das erste Paar Handschuhe passte nicht optimal bei mir. Wie erwähnt, hatte ich mich genau an die Angaben im Buch gehalten und da gibt's halt Differenzen, mindestens zu meiner Hand: Höhe der Reihen im Bereich kleiner Finger, Abnahmen für den Handballen. Und so habe ich die roten Handschuhe fertig gemacht, fotografiert und bis zu den Fingern wieder aufgezogen. Wieder hochgestrickt sind sie schnell, das Prinzip habe ich jetzt intus. (Ich hätte sie sonst in der Schublade versauern lassen, da bin ich mir sicher.) Und deshalb habe ich hier dieses Pamphlet verfasst, vielleicht hilft es ja jemandem. Traut keinen Anleitungen, sondern macht Euch Eure eigenen Gedanken!! (Meine Gedanken waren: wird schon passen, steht ja 'genial' drüber.. :-()

Ich möchte an dieser Stelle noch explizit darauf hinweisen, dass ich keine Anfragen zu irgendwelchen Angaben in den Büchern von Frau Jostes oder Frau Swansen beantworten werde. Und ich möchte diese Ausführungen auch keinesfalls als Versuch verstanden wissen, irgendwelche Copyrights zu unterlaufen. Kauft Euch die Bücher, arbeitet Euch durch. Und wenn Euch Ungereimtheiten oder Ergänzungen einfallen, wäre es toll, wie in meinem anderen Post ausgeführt, wenn Ihr das ebenfalls verkünden würdet.

Viel Spaß, vielleicht konnte ich Euch dazu bewegen es auch mal zu probieren - mit Fingerhandschuhen von oben gestrickt.
Zuletzt geändert von bp0502 am Mi Jan 12, 2011 22:51, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße,
Brigitte



Brother KH 965 etc., DK 8
Ferula

Beitrag von Ferula »

Hallo,

habe auch kürzlich nach der "von-oben-Methode" Fingerhandschuhe mit halben Fingern gestrickt. Und zwar nach einer Anleitung aus diesem Buch:

Veronika Hug, Trendhandschuhe. Fingerhandschuhe, Fäustlinge & Armstulpen. Freiburg 2009

Das nur so als Literaturergänzung. ;) In diesem Buch nennt sich diese Technik 4-Stufen-Methode.

Fotos von meinem Gestrick könnt ihr in meinem Blog hier und hier sehen.

Viele Grüße,
Ferula
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