Das Wollschaf fragt:
Viele von uns (ich auch) leben mit einer Konfektionsgröße jenseits der 42. Die Strick-Anleitungen für Übergewichtige sind nicht gerade üppig.
Meine Frage zielt zwar auf “Menschen mit größerem Format” ab, aber auch die Antworten von Normalgroßen und -gewichtigen sind interessant, man kann die Antworten auch auf Teilbereiche beschränken. Natürlich geht es da auch ins Persönliche, aber ich habe bereits festgestellt, dass es ein großes Interesse gibt, darüber zu sprechen.
Sollen Übergewichtige Strickkleidung tragen oder darauf verzichten?
Als Betroffene(r): Strickst du für dich Pullis und Jacken oder lieber nur Tücher, Socken oder Accessoires?
Welche Schnitte sind vorteilhaft? Welche Garne?
Welche sind abzulehnen?
Änderst du herkömmliche Anleitungen auf deine Figur ab oder entwirfst du eigene Designs?
Wo gibt es geeignete Anleitungen oder Stricktipps für die stärkere Figur? (Bücher, Hefte, Websites, welche?)
Bitte auch welche in deutscher Sprache.
Herzlichen Dank an Reni für die heutige Frage!
Danke, das ist mal eine wirklich interessante Frage, über die man ganze Bücher verfassen könnte, sofern nicht einige davon schon geschrieben wären.
Ja, auch Übergewichtige können und sollen Strickkleidung tragen. Wie sollen sie es sonst bei den momentanen Minusgraden (heute früh waren es hier minus 13) warm haben?
Ich bin zwar selbst nur mäßig übergewichtig, aber selbstverständlich stricke ich für mich und andere, noch dickere Personen gern warme und kleidsame Pullover und Jacken. Ein gut geschnittener Pullover kann optisch übrigens schlanker machen als ein malerisch drapiertes Tuch.
Natürlich kann jede(r) gern stricken und tragen, wozu er/sie Lust hat, auch wenn’s letztlich am Leib aussieht wie das orientalische Prunkzelt Augusts des Starken. Wenn ich mir etwas stricke, möchte ich jedoch, dass es ansprechend wirkt und möglichst ein paar Pfunde wegmogelt. Das Buch “Big Girl Knits” gibt gute und ausführliche Tipps, welche Schnittform sich bei welcher Figur positiv auswirkt. Auch in Maggie Righettis “Sweater Design in Plain English” findet man reichhaltige Informationen zur Schnittgestaltung bei problematischer Figur.
Von extrem dicken Garnen würde ich Abstand nehmen. Die fügen nicht nur optisch etliche durchaus entbehrliche Zentimeter Umfang hinzu; das Kleidungsstück wird damit auch sehr schwer, was den Sitz beeinträchtigen kann. Problematisch finde ich persönlich auch viele Effektgarne. Fransen- oder Bommelgarn eignen sich gut für Akzente, aber ein kompletter Pulli aus solchem Material würde mir an keiner erwachsenen Person (egal wie dick oder dünn) gefallen.
Ich bin altmodisch und glaube, dass senkrechte Linien bei Übergewicht vorteilhafter wirken als waagerechte. Deshalb finde ich quer geringelte Fair-Isle-Pullover für große Größen meistens scheußlich, auch wenn sie als Inbegriff strickerischer Kunstfertigkeit gelten. Es gibt genügend Fair-Isle-Muster, die senkrechte Musterbetonungen haben. Berühmtes Beispiel: Henry VIII von Alice Starmore. Man muss ja nicht genau dieses Muster in diesen Farben stricken, aber solche senkrechten Verläufe sind auch für fülligere Frauen kleidsam.
Die bestgeeignete Schnittform hängt von der individuellen Figur ab. Gerade bei üppigeren Frauen kann die Verteilung der Pfunde ja sehr variieren, die eine hat mehr Busen, die andere mehr um die Hüften. So etwas versuche ich beim Schnitt zu berücksichtigen. Zur Gesamtsilhouette tragen auch die Länge der Beine oder des Halses bei, und die Halslänge kann z.B. mitentscheidend für die günstigste Ausschnittform sein.
Ich kenne meine eigene Figur mittlerweile ganz gut und glaube zu wissen, was mir steht und was nicht so sehr. Entsprechend wähle ich Anleitungen aus, ändere sie für mich ab oder entwerfe gleich komplett selbst. Die Kapitel für große Größen in Zeitschriften sind dabei immer für Anregungen gut.