Heute möchte das neugierige Wollschaf gerne wissen, ob Ihr Hamster oder Puristen seid.
Hast Du einen Wollvorrat oder kaufst Du nur projektbezogen?
Schöpfst Du gerne aus dem vollen oder belasten Dich größere Vorräte eher?
Das Wollschaf wünscht Euch allen wunderschöne Feiertage!
Ich gehöre eindeutig zur Familie der Hamster. Und das hat historische Gründe:
Am liebsten trage ich warme Farben, vor allem Grün- und Braun-Töne; und sie stehen mir auch am besten. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre fand man die aber nirgends. Es war die Zeit der Neon- und der kalten Farben; Lila, Pink, Grau und bestenfalls noch Türkis. Ich erinnere mich, dass Woll Butt bei einer einzigen Qualität nicht weniger als acht verschiedene Lila- und Fliedertöne im Programm hatte, dafür aber kein einziges, nicht einmal annäherndes Grün, von Beige ganz zu schweigen. Es waren schlechte Zeiten für mich, farblich gesehen.
Was macht man in so einem Fall? Man schaut überall, ob es bei irgendwelchen Händlern noch Vorräte in Lieblings- oder auch nur tragbaren Farben gibt und kauft sie vorsichtshalber auf. So entstand die Basis meines Wolllagers. Und es fanden sich noch erstaunlich viele Restposten in meinen Farben.
Als ich eines Feierabends Mitte der 1990er in Hamburg an der Station Hudtwalckerstraße aus der U1 ausstieg und erstmals wieder eine Frau in Beige, Weinrot und Moosgrün sah, atmete ich auf. Eine lange farbliche Dürreperiode näherte sich endlich ihrem Ende. Meine Garnvorräte aber wurden und werden nur geringfügig kleiner, denn die Gewohnheit, für schlechte Farbzeiten zu bunkern oder ein Garn einfach nur wegen seiner schönen Farbe zu kaufen, lässt sich nicht so einfach ablegen. Heute bekommt man fast jeden Farbton, den man sich vorstellen und wünschen kann; und für den Rest gibt Handfärberinnen, die einem quasi die Farbwünsche von den Augen ablesen (hallo Dagmar!).
Das Schöne an einem Vorratslager wie meinem ist, dass man jederzeit etwas Passendes für fast jedes Projekt im Haus hat. Das ist besonders praktisch über die Weihnachtstage, wenn die Geschäfte geschlossen sind und der Paketdienst nicht ausliefert. Ein kleines Sortiment Sockengarne in bunten und gedeckten Farben beispielsweise sollte in keinem Strickhaushalt fehlen; man kann damit schnell ein Paar Geschenksocken auf der Strickmaschine fabrizieren oder plötzlich auftretende Lücken im eigenen Sockenbestand auffüllen. Größere Partien braucht man, wenn einem plötzlich eine wunderbare Idee für einen Pullover kommt und man unbedingt anfangen muss, bevor die Idee und der damit verbundene Energieschub wieder verschwunden sind.
Das einzige Problem, das sich mir gelegentlich stellt: Die Garne, die ich habe, sind großenteils so wunderschön, dass ich mich oft nicht entschließen kann, sie überhaupt zu verarbeiten. Es sollte am besten etwas ganz Besonderes daraus werden, um sie richtig zur Geltung zu bringen. Für das Suchen oder Entwickeln solcher ganz besonderen Projekte fehlt mir aber leider oft die Zeit.